Advents-Worte 2021

Weihnachtsworte

Weihnachtsevangelium nach Lukas 2,1–14

Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen. Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.

So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.

Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.

In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.

Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.

Mach es wie Gott, werde Mensch!“

 „Mach's wie Gott und werde Mensch!“ Das ist die unüberhörbare Botschaft der Heiligen Nacht. Wir sollen Menschen werden, wirkliche Menschen mit allem, was zum Menschsein gehört. Gott selbst wollte es werden, ist es wirklich geworden. Mit diesem Kind in der Krippe, in der heiligen, stillen Nacht.

Wissen wir überhaupt, was der Mensch ist? Ist das nicht die Frage, mit der sich alle Philosophen und Theologen, aber auch alle Menschen immer wieder abgeben müssen? Ist es letztlich nicht die einzige Frage, die die Geschichte bewegt? Zeigt nicht schon diese Tatsache, dass uns die Antwort gegeben werden muss?

Mir scheint, dass an der Krippe diese Antwort gegeben wird. Ohne Gott können wir gar nicht sagen, wer wir sind und welche Möglichkeiten in uns stecken. In der Menschwerdung Gottes wird zunächst einmal die menschliche Unmenschlichkeit aufgedeckt:

 

– da gibt es Menschen, die unmenschliche Gesetze erlassen, in den Staaten, in den Kirchen und Religionen;

– da gibt es Menschen, die gefühllos sind gegenüber einer schwangeren Frau und dem werdenden Leben;

– da gibt es Menschen, die ein großes Haus haben, und andere, die auf der Straße liegen;

– da gibt es Menschen, die in Höhlen und Ställen leben müssen;

– da gibt es Menschen, die sich ein Weltreich aufbauen und dabei über Leichen schreiten;

– da gibt es Menschen, die anderen die Türe zuschlagen;

– da gibt es Menschen, die andere an den Rand drängen;

– da gibt es Menschen, die keinen Sinn haben für das Teilen;

– da gibt es Menschen, die andere an den Grenzen festhalten, bei Wind und Wetter;

– da gibt es Menschen, die andere verhungern lassen;

– da gibt es Menschen, die andere in den Meeren ertrinken lassen;

– da gibt es Menschen, die anderen nach dem Leben trachten und ihnen Angst machen;

– da gibt es Menschen, die aus dem Land vertrieben werden.

 

Das alles wird aufgedeckt, wenn Gott Mensch wird.

Unsere Unmenschlichkeit tritt zu Tage: überall auf der Welt hungern Menschen. Millionen von Menschen sterben, Millionen bleiben geschädigt. Dabei gäbe es genügend Lebensmittel auf der Erde, genügend Mittel, um allen Hunger zu bannen. Aber die Machthaber dieser Welt wollen halt lieber ihre Macht erhalten, genauso wie Herodes damals, statt dem Leben Raum zu geben!

In den letzten Jahren ist wieder viel Fremdenhass zu spüren, und nicht nur in unserem Land: die Angst vor allen Fremden, Ausländern, Zugereisten, Flüchtlingen. Man schlägt die Türen zu, genau wie damals in Betlehem.

Wenn Gott Mensch wird, dann wird die Unmenschlichkeit der Welt aufgedeckt. Aber auch ein göttliches Programm verkündet: Mach's wie Gott und werde Mensch!

Mach's wie Gott und werde ein Kind. Ja, werde wieder ein Kind: Lerne spielen, lachen und weinen, vertrauen und nach Liebe hungern, lerne abhängig sein von anderen und Hilfe annehmen.

Mach' s wie Gott und werde Mensch und teile dein Leben mit anderen: Ja, stell dich auf die Seite der Armen, der Hungernden, der Menschen, die wenig oder gar nichts haben.

Lass dir nicht einreden, dass es halt gute und schlechte Menschen gibt. Ja, setze dich nicht ab von den Trinkern, Süchtigen, Abhängigen, auch nicht von den Sündern, den Dirnen.

Berühre mit aller Zärtlichkeit, zu der du fähig bist, die Kranken, und lass dich von ihnen berühren. Ja, suche die Gemeinschaft der Blinden, der Lahmen, der Tauben und Stummen. – Vergieße Tränen der Trauer und des Zornes, wenn jemand stirbt.

Setze dich über Gesetze und Institutionen in Staat und Kirchen hinweg, wenn es das Wohl der Menschen verlangt.

Mach's wie Gott und werde Mensch: Verzeihe immer wieder! Nicht siebenmal, sondern siebenmal siebzigmal!

 

Wirklich: Ein göttliches Programm wird uns an Weihnachten verkündet. Und man müsste eigentlich jedes Wort und jede Geschichte, die von Jesus erzählt wird, aufzählen, um dieses Programm zu verdeutlichen.

Für uns Menschen und zu unserem Heil“ – „vom Himmel gekommen“ – „Menschgeworden“. Ich verstehe dieses Bild so, dass es eine Frage Gottes an uns ist. Gott fragte den Menschen: „Wie geht es dir?“ Und um es genau zu sehen, kam er persönlich vom Himmel herunter, dorthin, wo der Mensch ist.

Die Weihnachtsgeschichte ist Gottes „Abstiegs“geschichte, sie ist die Geschichte der Weggemeinschaft Gottes mit uns. Dann aber gilt: Die Weggemeinschaft Gottes mit uns in Jesus kann nur greifen, weitergehen, alle erreichen in unserer Weggemeinschaft mit Ihm und untereinander. Wir selber müssen absteigen von unserem Großtun, jede und jeder einzelne, um miteinander zu gehen. Und miteinander gehen können wir nur, wenn uns angeht, wie es der je anderen, dem je anderen geht. „Propter nos homines et propter nostram salutem“ („für uns Menschen und zu unserem Heil“): Dies ist das Warum der Menschwerdung Gottes, das Warum der Kirche.

Ich wünsche uns, dass jede, jeder und jedem von uns der Herr als Weihnachtsgeschenk Schwestern und Brüder schenkt, die sich dafür interessieren, wie es ihr und ihm geht. Und ich wünsche uns, dass er uns ein Herz schenkt wie das seine, das aufgeht und weit wird im Interesse, wie es den anderen geht. Doch wie geht das: die anderen heilend und liebend fragen, wie es ihnen geht? 

Wie geht es dir?, das heißt: Ich habe das Fragen vor dem Sagen.

Wie geht es dir?, das heißt: Ich habe Zeit nicht nur für die Arbeit und für die anderen, sondern Zeit auch für dich und achte auf deine Zeit, die meine Frage und mein Interessebraucht.

Wie geht es dir?, das heißt: Ich will mit dir gehen; ich finde mich nicht nur damit ab, sondern ich nehme an, dass du mein Nächster bist.

Wie geht es dir?, das heißt: Du selbst bist mir wichtig, nicht nur, was du tust; du selbst und jene, die zu dir gehören, deine Familie, deine Welt

Fragen genug zum Nachdenken, Fragen, bei denen es, wenn wir ehrlich sind, in uns und zwischen uns „knirschen“ wird. Ziehen wir uns davor nicht zurück, sprechen wir miteinander. Zeit füreinander ist Zeit für Ihn, Zeit für uns, Zeit für die anderen. Es ist Zeit dessen, der zu uns abgestiegen ist. Steigen wir ab zueinander!

So machen wir uns in neuen Seelsorgsbereich gemeinsam auf den Weg in eine unbekannte Zukunft! Wir teilen unsere Erfahrungen. Es verlangt in unserer Situation ein tiefgreifendes Umdenken. Es braucht aber auch den Mut zu strukturellen Konsequenzen. Diese sollen weder als fertiges Konzept von oben über die Gemeinden fallen noch eine bloße Notlösung sein. In Weggemeinschaft miteinander wollen wir lernen, wie jenes Teilen geschieht, das nicht Mangelverwaltung, sondern geistliche Brotvermehrung ermöglicht. Vier Fragen könnten sich da stellen:

 

Wie können wir missionarische Gemeinde werden? Gemeinde also, in der wir den Glauben miteinander teilen und denen bezeugen, die von den üblichen kirchlichen, gottesdienstlichen Angeboten nicht erreicht werden?

Wie kann jede Gemeinde eine Weggemeinschaft werden, in der viele Dienste sich gegenseitig ergänzen und nicht alles von Priestern oder von den Hauptamtlichen erwartet wird?

Wie können wir uns eine Weggemeinschaft zwischen mehreren Gemeinden vorstellen, in der wir Gaben und Aufgaben, Leben und Dienste, auch priesterlichen Dienst, miteinander teilen?

Wie könnte eine zeichenhafte Begrenzung unserer Erwartungen und Gewohnheiten in den Gemeinden ansetzen? 

Wir machen uns auf den Weg! Wie Maria und Josef, wie die Hirten, wie die drei Könige. Auch in diesen Corona Zeiten. Aufgrund der nicht wirklich planbaren Zukunft mit Corona haben wir im Pfarrgemeinderat beschlossen, den Neujahrstreff im Januar 2022 zu verschieben. Sowie sich die Dinge klären werden wir einen „Gemeindetreff“ nachholen, ohne große Reden, sondern in dem oben beschriebenen Sinne: „Wie geht es Dir?“ wo wir uns miteinander austauschen über das was uns und für uns wichtig ist! 

So wünsche ich Ihnen, Ihren Familien und allen die Ihnen am Herzen liegen, im Namen des ganzen neu gewählten Pfarrgemeinderates, der Seelsorgerinnen und Seelsorger ein frohes, gesegnetes und gesundes Weihnachtsfest! Für das Neue Jahr wünsche wir Ihnen Gesundheit, Zufriedenheit, alles erdenklich Gute und Gottes reichen Segen! Bleiben Sie gesund und auf ein baldiges Wiedersehen in der Gemeinde!

 

Für den Pfarrgemeinderat
Markus Lingen, Vorsitzender des PGR

Advents-Wort zum 4. Advent


Evangelium nach Lukas 1,39-45

 

39 In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa.

40 Sie ging in das Haus des Zacharías und begrüßte Elisabet.

41 Und es geschah: Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt 42 und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.

43 Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? 44 Denn siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.

45 Und selig, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.

Maria und Elisabeth sind beide unerwartet schwanger. Maria ist sehr jung und unverheiratet und Elisabeth ist alt geworden, ohne bisher ein Kind von Zacharias zu bekommen.

Das müssen beide erst einmal verarbeiten. Sie sorgen sich: Schaffe ich das in meinem Alter? Bin ich zu alt? Was werden die Leute sagen? Wie konnte das geschehen?

Maria macht sich auf den weiten Weg zu Elisabeth, um eine Gleichgesinnte zu treffen, die Verständnis hat und sie unterstützt. Beide sind verbunden im Staunen über das Wunder und den Segen, den sie erfahren haben.  Sie können annehmen, was Gott mit ihnen vorhat.

Elisabeth begrüßt Maria begeistert, weil sie spürt, dass etwas Besonderes geschieht und eine Geschichte beginnt, die die Welt verändern wird. Es ist der Beginn einer neuen Zeit.

 

Es ist die Zeit,
wo die Nester bewohnt werden
von den Schneeflocken
und die goldenen Blätter
Abschied genommen haben
in leichtem Fall.

Es ist die Zeit,
wo die Gedanken sich wenden
und die Häupter sich heben
und das Herz sich erinnert,
dass Dunkelheit
nicht dunkel ist bei ihm
und Licht sein wird statt Nacht. 

Es ist die Zeit,
wo die Rechtschaffenen
zu schweigen beginnen
und neue Worte gefunden werden
von denen, die gesucht haben,
während sie warteten.

Es ist die Zeit,
wo wir beginnen, uns Gott ans Herz zu legen.
Mir geschehe, wie du gesagt hast! 

Frank Howaldt 

Einen gesegneten vierten Advent
wünschen Sabine Freche und Eva-Maria Günnewig 

Advents-Wort zum 3. Advent


Evangelium zum 3. Advent - Lukas 3,1-6

10 In jener Zeit fragten die Leute Johannes den Täufer: Was sollen wir also tun?

11 Er antwortete ihnen: Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso!

12 Es kamen auch Zöllner, um sich taufen zu lassen, und fragten ihn: Meister, was sollen wir tun?

13 Er sagte zu ihnen: Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist!

14 Auch Soldaten fragten ihn: Was sollen denn wir tun? Und er sagte zu ihnen: Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold!

15 Das Volk war voll Erwartung und alle überlegten im Herzen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Christus sei.

16 Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.

17 Schon hält er die Schaufel in der Hand, um seine Tenne zu reinigen und den Weizen in seine Scheune zu sammeln; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.

18 Mit diesen und vielen anderen Worten ermahnte er das Volk und verkündete die frohe Botschaft.


„Gaudete“ - „Freut Euch!“, so heißt der 3.Advent in der christlichen Tradition. Wir werden in der Liturgie aufgerufen, uns über die erwartete Ankunft Jesu Christi zu freuen. Ja, bis Weihnachten dauert es nicht mehr lange.

Doch worauf freuen wir uns eigentlich? Auf ein paar freie Tage? Auf ein besonders Fest mit der Familie? Auf leckeres Essen und viele Geschenke? Ein paar schöne Stunden voller Harmonie und Gemütlichkeit? … Es gibt viele gute Gründe sich auf Weihnachten zu freuen und das ist auch gut so.

Nur sollte da nicht noch mehr sein? Sollte nicht die Freude über die Geburt Jesus Christus im Vordergrund stehen? Im Evangelium heißt es: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet.“ Gaudete! Freut Euch! Die Ankunft des Herren ist nah.

Einen gesegneten 3. Advent

Ihre Christina Jonas und Ihre Clara Jung


Gebet um Freude

Mein Gott, zur Weihnacht
bitte ich dich um Freude-
nicht  um die große himmlische,
sondern um die kleine irdische Freude,
die mein Herz beschwingt,
mich froh und heiter macht,
mich lachen und singen läßt.
Gib mir menschliche Freude!

Um Deine Freude bitte ich Dich, mein Gott,
die mir ein Lächeln schenkt,
für mich selbst, wenn ich mich so bitterernst nehme;
ein gutes Lächeln für die andern,
die mir gut und die mir gram sind,
die mir vorgesetzt und die mir unterstellt sind.
Gib mir Freude, die Ärger und Zorn besiegt! 

Um eine Freude bitte ich dich mein Gott,
die um sich greift
und die Schwermut durchdringt
und den Stumpfsinn verjagt
und die Traurigkeit erhellt
und die Starrheit löst.
Gib mir eine strahlende Freude!

Mein Gott zur Weihnacht
hast du allen Menschen große Freude zugesagt.
Gib mir die Freude darüber,
daß ich als Mensch von dir leben darf,
daß ich anderen Menschen zur Seite stehen darf,
daß du Mensch unter Menschen geworden bist,
Gib mir die Freude der Weihnacht!

Ellen Bucher

Advents-Wort zum 2. Advent

Evangelium nach Lukas 3,1-6

3,1 Im fünfzehnten Jahr der Regierung das Kaisers Tiberius – als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war, Herodes Gaufürst von Galiläa, sein Bruder Philippus Gaufürst von Ituräa und des trachonitischen Landes, Lysanias Gaufürst von Abilene –

2 unter dem Hohenpriester Hannas und Kajaphas: Da geschah das Wort Gottes an Johannes, Zacharias Sohn in der Ödnis.

3 Und er kam in das ganze Umland des Jordan als Künder einer Taufe auf Umkehr hin – zum Nachlaß der Sünden.

4 So ist geschrieben im Buch der Worte des Propheten Jesaja: Eines Rufenden Stimme in der Ödnis: Bereitet den Weg des Herrn; macht gerade seine Straßen.

5 Jede Schlucht werde aufgefüllt, jeder Berg und Hügel niedrig gemacht, das Verquere werde zu Geradem, die holprigen zu ebenen Wegen.

6 Und jedes fleischlich Wesen schaue das rettende Tun Gottes.

(Stier, Fridolin: Das Neue Testament, München 1989, S. 131.)





Das Bild zeigt Johannes den Täufer. Es ist ein Ausschnitt des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald. Im Hintergrund sehen Sie die Worte Johannes nach Joh 3,30: „Er muss wachsen, ich aber abnehmen“.

Von einem, der Wegweiser war

Streng war dieser Johannes, den die Leute den „Täufer“ nannten. Hart, unerbittlich war sein Ruf zur Buße. Und trotzdem kamen die Menschen in Scharen von weither. Johannes war einer, der den Leuten nicht nach dem Mund redete, vielleicht zog es gerade deshalb so viele zu ihm hin.

Mir fehlt heute so jemand wie Johannes, jemand, der den Menschen ins Gewissen redet. Egal ob sie „normale“ Gläubige oder ob sie Kleriker sind, und auch da unabhängig davon, welchen „Rang“ sie innerkirchlich haben.
Jemand, der wahrlich glaubwürdig ist, an dem alles echt ist, wo die Strenge nicht finsterer Fanatismus ist, sondern aus tiefer Herzensgüte stammt.

Jemand, der auch dem Papst ins Gewissen redet, wie unerträglich es ist, zu sehen, dass ein Erzbischof, der wohl eine Affäre mit einer Frau hatte, und deshalb seinen Rücktritt anbietet, sein Amt verliert, wohingegen diejenigen die in ihrem Amt Missbrauch an Schutzbefohlenen nicht geahndet oder schlimmer noch, vertuscht haben, nach ihrem Rücktrittsgebot im Amt bleiben dürfen!

So ein Johannes fehlt heute! Sein Ruf zur Buße sollte die Herzen treffen. Ihm kann man abnehmen, dass es ernst ist, dass es Zeit ist zum Umdenken, zum Umkehren und dass es höchste Zeit ist, sein Leben zu ändern.

Und so sollen sich in unserer Gegenwart die Zungen lösen, die Menschen sich trauen, auszusprechen, was in ihrem Leben verkehrt ist, zu bekennen, dass sie sich schuldig gemacht haben, dass es sie reut und sie die wirklichen Konsequenzen aus ihrem Handeln ziehen. Und dass sie in all dem glaubwürdig sind!

Als aber die Oberschicht, die Frommen und die Mächtigen, auch begannen, zu Johannes zu kommen – die Pharisäer und die Sadduzäer –, legt der Täufer noch einmal kräftig zu: „Ihr Schlangenbrut!“, nennt er sie. Auch das erinnert mich an Heute. Auch gegenüber den „Großen“, den Angesehenen, sollte die gleiche Strenge gelten, ob Priester, Bischöfe oder weltliche Berühmtheiten. Auch mit ihnen sollte man streng sein, nicht aus Herzenshärte, sondern weil sie besonders in Gefahr sind, sich in Sicherheit zu wiegen, sich selber zu überschätzen, zu glauben, dass vor allem die anderen sich ändern müssen.

Gerade ihnen macht Johannes der Täufer klar: Vor Gott könnt ihr euch auf keine Privilegien berufen, auf keine Ämter und Würden. „Zeigt Früchte der Umkehr!“ Auch ihr, und gerade ihr, müsst euer Leben an den „guten Früchten“ messen lassen. Nicht nur „Lippenbekenntnisse“ und dann bleibt alles beim Alten!

„Bereitet dem Herrn den Weg“: Johannes ist „Vorläufer“ Jesu, Wegbereiter. Deshalb ist sein besonderer Platz im Advent, der die Ankunft Christi vorbereitet. Nicht sich selber stellt der Täufer in die Mitte. Er verweist auf den, „der nach mir kommt“. Auch das macht ihn so glaubwürdig und anziehend. Er will nicht Menschen an sich binden, sondern sie zu Christus hin öffnen. Wenn ihm das gelingt, ist er glücklich, denn dafür lebt er ganz und gar.

Einen gesegneten 2. Advent,

Ihr Markus Lingen

Advents-Wort zum 1. Advent

Evangelium nach Lukas 21, 25–28.34–36

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

25 Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein über das Toben und Donnern des Meeres.

26 Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.

27 Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.

28 Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.

34 Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht 35 wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.

36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!



Bild: Susanne Tillmann, Hoffnung 2021

Zeitung lesen ist zurzeit nichts für Feiglinge. Und war auch selten so verwirrend wie momentan. Wir gebrauchen Abkürzungen: 2G, 2G plus, 3G, Inzidenz, Risikobegegnungen, Hospitalisierungsraten, Kontaktbeschränkungen. Kurz gesagt, wir sind zu Corona Experten geworden, ob wir wollen oder nicht. Diese Begriffe begegnen uns ständig. Das macht uns langsam aggressiv, lässt uns vielleicht auch resignieren. Sicherlich auch, weil es nicht gerade ein Thema ist, mit dem man sich beschäftigen möchte, zumindest nicht über mehrere Monate, so ist mein Eindruck.

Wie verhält man sich richtig? Vermeidet man lieber den Kontakt zu anderen Menschen. Geimpft? Selbstverständlich! Habt ihr das denn immer noch nicht verstanden?

Dann erinnern wir uns an Ereignisse, die mit Nähe zu tun haben. Begegnungen mit vielen anderen Menschen. Darf ich das überhaupt? Wieviel Kontakt zu anderen ist erlaubt oder tut gut?

Begegnung mit Gott: 2G oder 3G?

Weder noch. Gott ist da, ohne Maske, ohne Mindestabstand, ohne Quarantäne, ohne Kontaktbeschränkung. Für jeden und jede von uns - jederzeit. Wir müssen ihn nicht suchen. Er ist schon da. Mitten unter uns, in uns, in jedem Menschen.

Der vor uns liegende Advent lädt uns ein, uns auf die Spur nach ihm zu begeben. Entweder für uns allein oder in den Heiligen Messen, in speziell gestalteten Gottesdiensten, in der wachsenden Krippe, in unseren Familien und schließlich an Weihnachten in einem kleinen ungeschützten Kind in der Krippe, schutzbedürftig und gleichzeitig faszinierend. Gott als kleines Kind, dann müssen wir keine Angst haben. Gott macht sich klein für uns.

Richtet euch auf und erhebt eure Häupter: Denn die Erlösung ist nahe, so heißt es im Lukas Evangelium an diesem Sonntag. Ja, richten wir uns auf, er sieht uns. Wir dürfen den Advent als Vorbereitungszeit nutzen:  In unseren Familien, bei einem guten Gespräch, in der Stille, oder ganz anderen Begriffen, die mit G beginnen: Geduld, Gebet, Gemeinschaft, Genuss, Gedenken, Geschichten, Gutem Essen, Gedanken.

Gott findet einen Weg zu uns, wenn wir ihn lassen.

Einen gesegneten 1. Advent

Ihre Gundula Dinter

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